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Honda Crossroad: Der Land Rover, der eigentlich keiner war

Manchmal schreibt die Automobilgeschichte die besten Witze selbst. Nehmen wir Honda, Synonym für Zuverlässigkeit, Vernunft und Motoren, die auch nach 300.000 Kilometern noch laufen wie ein Uhrwerk. Und daneben Land Rover, britisch, nobel, abenteuerlustig, aber eben auch berüchtigt für Zickereien in Sachen Technik. Zwei Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Und doch kreuzten sich ihre Wege – und brachten eines der skurrilsten Kinder der 90er-Jahre hervor: den Honda Crossroad.



Honda Crossroad

Eine Liaison zwischen Ost und West


Die Wurzeln reichen zurück ins Jahr 1979, als Rover (damals Mutter von Land Rover) und Honda ihre Zusammenarbeit starteten. Honda brachte Technik, Verlässlichkeit und Ingenieurskunst. Rover steuerte Plattformen, Märkte und britisches Flair bei. Aus dieser Ehe entstanden Modelle wie der Triumph Acclaim oder der Rover 800, solide Verkaufserfolge mit japanischem Herz.

Doch Anfang der 90er wurde es ernst: Honda brauchte dringend einen großen Geländewagen, um gegen Toyota, Nissan und Mitsubishi in Japan anzutreten. Die Lösung? Kein eigenes SUV entwickeln, sondern kurzerhand einen Discovery I von Land Rover nehmen und ihn mit einem Honda-Logo versehen. Voilà, der Honda Crossroad war geboren. Land Rover Discovery/ Honda Crossroad Verkaufsbroschüre


Badge Engineering in Reinform


Von 1993 bis 1998 rollte er über japanische Straßen: ein Land Rover Discovery mit Honda-„H“ auf dem Kühlergrill, Crossroad-Schriftzug am Heck und Honda-Emblem im Lenkrad. Unter der Haube arbeitete ein 3,9-Liter-V8 von Rover, bis heute der einzige V8, der je in einem Honda steckte. Ansonsten? Ein Disco durch und durch, mit all seinen Stärken und Schwächen.

Das Auto sah so britisch aus, dass man zweimal hinschauen musste, um den Honda zu erkennen. Manche Japaner taten das wohl auch und entschieden sich dann lieber für etwas anderes.


Ein V8-Honda, der keiner sein wollte


Der Crossroad war einzigartig, aber auch problematisch. Denn was für Land Rover-Fans zum Alltag gehörte, eigenwillige Technik, hoher Spritverbrauch, Wartungskosten zum Abwinken, stieß bei Hondas japanischer Kundschaft auf blankes Entsetzen. Honda, der Meister der zuverlässigen Kompaktwagen, verkaufte plötzlich einen SUV mit notorischen Macken.

Noch dazu kam politischer Sprengstoff: 1994 übernahm BMW die Rover-Gruppe, was die Stimmung zwischen Honda und seinen britischen Partnern endgültig trübte. Zwar blieb der Crossroad noch bis 1998 im Programm, aber er verkaufte sich schlecht, nur rund 10.000 Stück fanden in Japan Abnehmer.


Vom Crossroad zum Internet-Meme


Die japanische Presse war gnadenlos. Ein Rückruf wegen fehlerhafter Türschlösser tat sein Übriges. Statt Premium-SUV erntete Honda ein Imageproblem.

Heute tauchen nur noch wenige Exemplare auf, oft re-importiert nach Neuseeland, wo sie kurzerhand wieder zu Discovery's „umgebaut“ wurden. Googelt man „Honda Crossroad“, findet man mehr Bilder des gleichnamigen, späteren Honda-Crossovers (2007–2010) als vom legendären V8-Honda.


Ein kurioses Erbe


War der Honda Crossroad ein Flop? Ja. Ein Stück Automobilgeschichte? Absolut. Er ist der Beweis dafür, wie schnell sich Marken-Identität und Erwartungshaltung bei Kund:innen beißen können. Honda-Fans wollten Zuverlässigkeit – bekamen aber Land Rover-Probleme im Honda-Kleid.


Und trotzdem: Für Trivia-Liebhaber bleibt er ein Highlight. Denn wenn jemand behauptet, Honda habe nie einen V8 gebaut, kannst du mit einem wissenden Lächeln antworten: „Doch. Zwischen 1993 und 1998. Er hieß Crossroad.“

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